Leitfaden zur Bauproduktenverordnung

    1. Einleitung

      Ein wesentliches Ziel der Europäischen Union ist es, den freien Warenverkehr innerhalb Europas zu gewährleisten und technische Handelshemmnisse abzubauen. Die Bauproduktenverordnung regelt vor diesem Hintergrund, unter welchen Voraussetzungen Bauprodukte in der Europäischen Union in den Verkehr gebracht werden dürfen. Hierzu legt die Verordnung bestimmte Grundanforderungen an Bauwerke fest. Diese Anforderungen werden in Bezug auf die einzelnen Bauprodukte durch harmonisierte technische Spezifikationen konkretisiert. Bauprodukte, für die derartige harmonisierte technische Spezifikationen existieren, dürfen nur in Verkehr gebracht werden, wenn der Hersteller eine Leistungserklärung für das Produkt erstellt und auf dieser Grundlage die CE-Kennzeichnung vorgenommen hat

    2. Die Bauproduktenverordnung

      Einleitung

      Die Verordnung (EU) Nr. 305/2011 „zur Festlegung harmonisierter Bedingungen für die Vermarktung von Bauprodukten“ (Bauproduktenverordnung) ist im Wesentlichen am 01.07.2013 in Kraft getreten und hat damit die bis dahin gültige Bauproduktenrichtlinie aus dem Jahre 1889 abgelöst. Die Bauproduktenverordnung stellt harmonisierte Regeln über die Angabe der Leistung von Bauprodukten und die Verwendung der CE-Kennzeichnung für diese Produkte fest.

      Unmittelbare Geltung der Bauproduktenverordnung

      EU-Verordnungen müssen nicht in nationales Recht umgesetzt werden. Sie gelten unmittelbar in den Mitgliedstaaten der EU und genießen dort den Rang eines nationalen Gesetzes. Das nationale Bauproduktengesetz (BauPG) enthält daher lediglich noch Regelungen für Fälle, in denen die Bauproduktenverordnung den Mitgliedstaaten die Regelungskompetenz überlässt.

      Wesentliche Anforderungen

      Nach den Landesbauordnungen sind bauliche Anlagen so anzuordnen, zu errichten, zu ändern und instand zu halten, dass die öffentliche Sicherheit und Ordnung, insbesondere Leben, Gesundheit und die natürlichen Lebensgrundlagen, nicht gefährdet werden; dabei sind die Grundanforderungen an Bauwerke gemäß Anhang I der Bauproduktenverordnung zu berücksichtigen. Dies sind:

          • Mechanische Festigkeit und Standsicherheit
          • Brandschutz
          • Hygiene, Gesundheit und Umweltschutz
          • Sicherheit und Barrierefreiheit bei der Nutzung
          • Schallschutz
          • Energieeinsparung und Wärmeschutz
          • Nachhaltige Nutzung der natürlichen Ressourcen

      Harmonisierte Normen

      Die technischen Details zur Konkretisierung der vorstehend genannten Anforderungen werden von den europäischen Normungsinstitutionen erarbeitet. Diese werden auf der Grundlage von Mandaten (Normungsaufträge) der Europäischen Kommission tätig. Normen, die als technische Regeln von den europäischen Normenorganisationen auf der Grundlage eines Mandates erarbeitet und im EU-Amtsblatt bekannt gemacht worden sind, werden als „harmonisierte Normen“ bezeichnet.

    3. Die Systeme zur Bewertung und Überprüfung der LeistungsbeständigkeitDie Bauproduktenverordnung sieht die Durchführung eines Systems zur Bewertung und Überprüfung der Leistungsbeständigkeit des Bauprodukts vor.  Die möglichen Systeme finden sich in Anhang V der Bauproduktenverordnung. Welches System für welches Bauprodukt durchzuführen ist, ist in der maßgeblichen harmonisierten technischen Spezifikation festgelegt. Die Systeme sehen unterschiedliche Aufgaben für Hersteller und notifizierte Stellen vor. Folgende Systeme werden hiernach unterschieden:
      System Aufgabe des Herstellers Aufgabe der notifizierten Stelle
      WPK (Typ-)

      Prüfung

      weitere Prüfungen Erstinspektion

      der WPK

      (Typ-)

      Prüfung

      Erstinspektion des Werkes Laufende Fremd-überwachung Stich- proben Prü­fung
      1+ x x x x x x X
      1 x x x x x x
      2+ x x x x x x
      3 x x
      4 x x

      So ergibt sich aus der vorstehenden Tabelle beispielsweise, dass im Rahmen des Systems 3 eine (Typ-) Prüfung durch eine notifizierte Stelle sowie eine werkseigene Produktionskontrolle durch den Hersteller erforderlich sind.

    4. Die Leistungserklärung

      Einleitung

      Gemäß Artikel 4 Absatz 1 der Bauproduktenverordnung erstellt ein Hersteller für sein Bauprodukt eine Leistungserklärung, soweit es von einer harmonisierten Norm erfasst ist oder einer Europäisch Technischen Bewertung entspricht, die für dieses Produkt ausgestellt wurde. Die Leistungserklärung ist Grundlage der CE-Kennzeichnung; diese wird „an denjenigen Bauprodukten angebracht, für die der Hersteller eine Leistungserklärung“ erstellt hat (Artikel 8 Absatz 2 Bauproduktenverordnung).

      Inhalte der Leistungserklärung

      Der Inhalt der Leistungserklärung wird in Artikel 6 der Bauproduktenverordnung geregelt. Absatz 4 dieser Vorschrift verweist hierbei auf das Muster in Anhang III. Dieser wurde durch die Delegierte Verordnung (EU) Nr. 574/2014 überarbeitet. Folgende Angaben sieht das Muster vor:

      – Eindeutiger Kenncode des Produkttyps
      – Verwendungszweck(e)
      – Hersteller
      – Bevollmächtigter
      – System(e) zur Bewertung und Überprüfung der Leistungsbeständigkeit
      – Harmonisierte Norm (falls zutreffend) Notifizierte Stelle(n)
      – Europäisches Bewertungsdokument (falls zutreffend) Europäische Technische Bewertung, Technische Bewertungsstelle, notifizierte Stelle(n)
      – Erklärte Leistung(en)
      – Angemessene Technische Dokumentation und/oder Spezifische Technische Dokumentation

      Bedeutung der Leistungserklärung

      Die Leistungserklärung gibt die Leistung von Bauprodukten in Bezug auf die Wesentlichen Merkmale dieser Produkte gemäß den einschlägigen harmonisierten technischen Spezifikationen an. Das hiermit verbundene Ziel ist eine transparente und vergleichbare Beurteilung des Bauprodukts. Angaben über die Leistung (z.B. in Prospekten, LVs, auf Internetseiten usw.) dürfen daher nur zur Verfügung gestellt werden, wenn sie auch in der Leistungserklärung enthalten sind.

    5. Das CE-Kennzeichen

      Die Bauproduktenverordnung schreibt vor, wo das CE-Kennzeichen angebracht werden und welche Angaben es im Einzelnen enthalten muss (siehe Artikel 9 Bauproduktenverordnung). Mit der CE-Kennzeichnung übernimmt der Hersteller die Verantwortung „für die Konformität des Bauprodukts mit dessen erklärter Leistung sowie für die Einhaltung aller geltenden Anforderungen“, die in der Bauproduktenverordnung und in anderen Rechtsvorschriften der Union, die die Anbringung vorsehen, festgelegt sind (Artikel 8 Absatz 2 Bauproduktenverordnung).

    6. CE-Kennzeichnung von Fenster und Außentüren gemäß EN 14351-1

      Die EN 14351-1 ist eine harmonisierte Produktnorm für Fenster und Außentüren. Einzelheiten zur CE-Kennzeichnung finden sich im Anhang ZA, wobei die Regelungen in der Bauproduktenverordnung Vorrang genießen, soweit es Widersprüche zwischen der Verordnung und der Norm gibt. Der Tabelle ZA.2 der EN 14351-1 ist zu entnehmen, für welchen Verwendungszweck welches System zur Bewertung und Überprüfung der Leistungsbeständigkeit Anwendung findet. In der Regel wird hiernach das System 3 durchzuführen sein. Dieses besteht grundsätzlich aus den folgenden Komponenten (vgl. im einzelnen Tabelle ZA.3b der EN 14351-1):

      – Erstprüfung (InitialTypeTest) des Produktes durch eine notifizierte Stelle; die Bauproduktenverordnung verwendet hier die Formulierung „Feststellung der Leistung anhand einer Prüfung (…), einer Berechnung, von Werttabellen oder Unterlagen zur Produktbeschreibung“

      – Werkseigene Produktionskontrolle (WPK)

      ITT / Feststellung der Leistung anhand einer Prüfung

      Ein notifiziertes Prüflabor ermittelt die Leistungseigenschaften gemäß der maßgeblichen harmonisierten Produktnorm durch Prüfungen an repräsentativen Prüfkörpern.

      Um die Hersteller von Fenstern und Außentüren zu unterstützen, hat die VBH (als Systemgeber) zahlreiche (Erst-) Prüfungen durchführen lassen! Die Ergebnisse stellt die VBH den Herstellern im Rahmen der Systemplattform CE-fix in Form von Produktpässen zur Verfügung (sog. Cascading-Verfahren). Damit erspart die VBH den Herstellern Zeit und Kosten!

      Werkseigene Produktionskontrolle (WPK)

      Eine allgemeine Definition der WPK findet sich in Artikel 2 Ziffer 26 Bauproduktenverordnung. Hiernach bedeutet WPK (…)

      „(…) die dokumentierte, ständige und interne Kontrolle der Produktion in einem Werk im Einklang mit den einschlägigen harmonisierten technischen Spezifikationen.“

       

      Weitere Einzelheiten ergeben sich aus der Ziffer 7.3 der EN 14351-1.

       

      Hinweis:

      Unser Leitfaden gibt einen Überblick über gewisse Zusammenhänge bzgl. Bauproduktenverordnung und CE-Kennzeichnung. Die Darstellungen wurden sorgfältig und gewissenhaft recherchiert. Wir weisen jedoch ausdrücklich darauf hin, dass es sich hierbei lediglich um eine Orientierungshilfe handeln soll, die unsere Auffassung der derzeitigen Situation wiedergibt. Die Ergebnisse unserer Recherche sind daher rechtlich nicht verbindlich; eine Überprüfung der Rechtslage im Einzelfall ist regelmäßig erforderlich. Die VBH schließt daher eine Haftung für die inhaltliche Richtigkeit des Leitfadens im gesetzlich zulässigen Rahmen aus.