Bedenkenhinweis – wie hat er auszusehen?
Immer wieder fragen Unternehmer, wie ein ordnungsgemäßer Bedenkenhinweis auszusehen habe. In jüngster Zeit haben sich zwei Oberlandesgerichte hierzu geäußert.
Den Anfang hat das OLG Düsseldorf mit seinem Urteil vom 06.10.2017 (Az.: 22 U 41/17) gemacht: Der Unternehmer ist nur dann durch den Bedenkenhinweis von seinen Gewährleistungspflichten befreit, wenn er „inhaltlich klar, vollständig und erschöpfend die nachteiligen Folgen und die sich daraus ergebenden Gefahren einer zweifelhaften Ausführungsweise konkret darlegt, damit seinem Auftraggeber die Tragweite der Nichtbefolgung des Hinweises ausreichend deutlich wird.“
Ähnlich hat das OLG Hamburg mit Urteil vom 28.09.2018 (Az.: 11 U 128/7) ausgeführt: Der Bedenkenhinweis hat „grundsätzlich zur rechten Zeit, in der gebotenen Form, in der gebotenen Klarheit und gegenüber dem richtigen Adressaten zu erfolgen, damit der Auftraggeber in die Lage versetzt wird, die Tragweite der Nichtbefolgung klar zu erkennen.“
Soweit, so gut. Aber was bedeutet dies für die Praxis des Unternehmers? Gut hierfür eignet sich der dem Urteil des OLG Hamburg zugrunde liegenden Fall:
Der Auftragnehmer sollte in einer Arztpraxis einen Design-Bodenbelag verlegen, der vom Innenarchitekten vorgegeben war. Im Praxisbetrieb zeigten sich allerdings zahlreiche Dellen und Eindrücke. Der Auftragnehmer wies dies als Mangel zurück; vielmehr seien diese auf das Nutzungsverhalten des Arztes zurückzuführen (z.B. auf das fahrbare Mobiliar). Zudem sei der Arzt mit der Übergabe des Produktinformationsblatts vor Nutzungsbeginn darauf hingewiesen worden, dass der Fußboden nur bei Verwendung weicher Rollen und unter Einsatz von Möbelfilzgleitern genutzt werden solle.
Das OLG Hamburg lässt dies nicht genügen. Die Übergabe des Produktinformationsblatts reicht bereits deswegen nicht aus, weil diese nach Fertigstellung der Arbeiten übergeben worden sei. Der Bedenkenhinweis muss vielmehr zu eine, Zeitpunkt erfolgen, zu dem der Auftraggeber noch angemessen reagieren kann; dies ist jedenfalls der Zeitpunkt, in dem der Auftragnehmer bei gebotener Prüfung den Mangel der Vorgaben etc. erkennen konnte (Kniffka/Krause-Allenstein, ibr-online-Kommentar Bauvertragsrecht, Stand 12.03.2018, § 634 Rz. 52).
Darüber hinaus – und dass ist die für Unternehmer besonders beachtliche Aussage – reicht es nicht aus, dass dem Auftragnehmer Produktinformationsblätter des Herstellers übergeben werden, aus denen sich Eigenschaften des verbauten Produkts ergeben. Dies, weil es sich hierbei um keinen eigenen ausdrücklichen Hinweis des Auftragnehmers handelt, sondern nur um die Übergabe einer von einem Dritten vorgefertigten Produktinformation.
Fazit:
Vor allem der Fall des OLG Hamburg zeigt deutlich, wie hoch die Hürden für einen ordnungsgemäßen Bedenkenhinweis sind. Der Unternehmer hat sich insbesondere im Detail mit etwaig risikohaften Eigenschaften (der ihm ggf. vorgegebenen) Produkte zu befassen. Er kann sich vor allem nicht auf die Weitergabe von Produktinformationen der Hersteller beschränken, sondern hat die sich aus diesen ergebenden Folgen in eigenen Worten in ausreichender Deutlichkeit an seinen Auftraggeber weiterzureichen.
Dabei sollte sich der Unternehmer immer vergegenwärtigen, dass sein Auftraggeber grundsätzlich ein technischer Laie ist. Etwaige Risiken sind ihm daher durch den Unternehmer auch so verständlich zu erläutern (z.B. mit allgemeinen Worten), dass er mit dem Unternehmer auf Augenhöhe das technische Risiko bewerten und ggf. seine Entscheidung treffen kann. Jegliche Erklärungen, die diese Hürde nicht nehmen, haben geringe Chancen, als ausreichender Bedenkenhinweis vor Gericht Bestand zu haben.
Wenn sich der Unternehmer noch vergegenwärtigt, dass der Bedenkenhinweis – diplomatisch formuliert – eine Chance ist, seinen Auftraggeber von seine Fachkenntnis und seinem Engagement für sein Projekt zu überzeugen, dürfte dies die in der Praxis oft anzutreffende Sorge, der Hinweis könne den Auftraggeber verschrecken, nehmen.